Herbst 1918

Die Tage wurden trübe, die Tage wurden blass,
Der Krieg schon lang verloren, das bisschen Brot steinhart.
Die Streiks im letzten Januar hatten auch nichts eingebracht,
Erstarrt, der Winter vor der Tür und die Kartoffeln knapp.
Als dann die Admiräle auf Seiner Majestät Flaggschiff
Die Todesfahrt-Befehle ausgaben, als wär’s nichts –
Da rissen die Heizer die Feuer raus.

Heizer Franz wollt schon als Kind zur See und träumte sich
Im blauen Kieler Anzug aufs eiserne Schlachtschiff.
Aus dem Arrest in der Kaserne befreit am dritten Tag
Von tausend Kammeraden und dem Soldatenrat
Der Werft- und der U-Boot und Torpedo-Divisionen.
In der Morgensonne tags darauf flatterte sie schon
Am Hauptmast des Flaggschiffs die Fahne der Revolution.

Der Flächenbrand griff aus, und Kronen rollten in den Sand
Von Fürsten und Monarchen, ihre Köpfe blieben dran.
Die Herrn der Banken und Fabriken wollten nicht so einfach fliehen.
Franz lief bis nach Neumünster, nahm den Zug nach Berlin,
stand auf  ‛nem Lastwagen in einem Roten Fahnenwald
Zwischen zehntausend Arbeitern, hohle Wangen, weiß wie Kalk,
Und sie gaben zusammen Karl Liebknecht den Schwur.

Der Kaiser floh nach Holland und Landser zogen brav nach Haus
Schulterklappen rissen ab und fielen auf welkes Laub
„Alle Macht den Räten“, rief die Straße zum Balkon,
Matrose Franz im Schloss bei der Volksmarinedivision.
Doch Drähte liefen heiß im alten Apparat,
Die Reaktion saß mittendrin im obersten Rat,
schloss mit den Generälen den Pakt zum großen Verrat.

Am Heiligabendmorgen griffen die weiße Truppen an,
feuerten Granaten, ein Splitter traf Franz in den Arm.
Sie hielten das Schloss, doch an einem kalten Januartag
fiel er im Kugelhagel vorm Vorwärts-Verlag.
Die metzelten und mordeten in ihrer kalten Wut,
ertränkten die Revolution in einem Ozean voll Blut –
und am Horizont drohte schon die braune Brut.